Carmen-M. Müller
Kohlrabenschwarze Gedanken und gute Fotografen
Haben Sie schon jemals über den Zusammenhang von kohlrabenschwarzen Gedanken
und guten Fotografen nachgedacht? Na, dann wird‘s Zeit. Ich erkläre Ihnen den Zusammenhang.
Zunächst einmal zur Frage, was kohlrabenschwarze Gdanken sind.
Kohlrabenschwarzen Gedanken sind derart schwarze Gedankn, daß sie als kohlrabenschwarze
Bilder vor einem stehen. Man kann diese Bilder richtig deutlich sehen, und besonders gut
kann man sie auf weißem Hintergrund sehen. Und ein guter Fotograf ist man nur dann, wenn
man diese kohlrabenschwarzen Gedanken, die als kohlrabenschwarze Bilder zu sehen sind,
auch fotografieren kann und zwar als kohlrabenschwarze Gebilde, die besonders gut auf
weißem Hintergrund zu sehen sind.
Nun gibt es aber eine ernste Schwierigkeit, denn wenn man ein guter Fotograf ist, dann werden
die kohlrabenschwarzen Gedanken nicht mehr so schwarz sein, denn man ist ja ein guter
Fotograf, und weil man ein guter Fotograf ist, braucht man keine
so kohlrabenschwarzen Gedanken zu haben. Die kohlrabenschwarzen Gedanken verschwinden:
man kann sie nicht mehr fotografieren. Und wiel man nur dann ein guter Fotograf ist, wenn
man kohlrabenschwarze Gedanken auch fotografieren kann, ist man kein guter Fotograf mehr,
denn die kohlrabenschwarzen Gedanken sind ja verschwunden, eben weil man ein
guter Fotograf war. Und kein guter Fotograf, der keine kohlrabenschwarzen Bilder mehr machen
kann, ist logischerweise ein schlechter Fotograf, Und weil man nun zum schlechten Fotografen
geworden ist, bekommt man wieder kohlrabenschwarze Gedanken, die man aber nicht mehr
fotografieren kann, weil man ja ein schlechter Fotograf geworden ist. Und man bleibt ein
schlechter Fotograf, völlig unfähig, jemals wieder kohlrabenschwarze Gedanken fotografieren
zu können. Das ist der böse Ausgang der Geschichte.
Es gibt auch einen glücklichen Ausgang, und der ist natürlich viel schöner. Man ist von
vornherein ein guter Fotograf, aber nur dann, wenn man auch kohlrabenschwarze Gedanken
hat, und weil man sie hat, kann man sie gut fotografieren, eben weil man sie hat und weil man
ein guter Fotograf ist. Und die kohlrabenschwarzen Gedanken bleiben dem guten Fotografen,
eben weil er ein guter Fotograf ist und er hat sie immer seine kohlrabenschwarzen Gedanken,
er kann sie immer wieder in Bilder umsetzen und er ist ein glücklicher Mensch und ein guter
Fotograf, eben weil er immerzu seine kohlrabenschwarzen Gedanken hat.
Ist das nicht wunderbar?! Wie wichtig doch die kohlrabenschwarzen Gedanken sind!
Wenden Sie jetzt nicht ein, es sei gar nicht sicher, daß ein guter Fotograf nur dann ein guter
Fotograf sei, wenn er kohlrabenschwarze Gedanken habe und diese auch fotografieren könne.
Ein guter Fotograf, der keine 08-15-Fotos macht, der kein Knipser ohne Verstand ist,
hat ganz bestimmt kohlrabenschwarze Gedanken; er braucht sie für seine Kunst. Das ist so, das
gebe ich Ihnen schriftlich. Fangen Sie einmal an, darüber nachzudenken!
Sie werden merken, daß Sie bald kohlrabenschwarze Gedanken über gute Fotografen haben
werden, ganz gleich ob‘s die überhaupt gibt, die kohlrabnschwarzen Fotografen mit den
kohlrabenschwarzen Bildern und den guten Gedanken,
oder wie immer das sein mag.
Mit freundlicher Genehmigung aus
„Hiobs chaotisches Lesebuch“ (Gebundene Ausgabe – 1989) von Günter Posch